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Praxisbeispiel:
Ein Eigentümer
wohnt in einem Reihenendhaus aus dem Jahre 1979 und hat sein Dach 2013 neu
dämmen und neue "Wärmefenster " einbauen lassen. Diese Arbeiten wurden nicht ordnungsgemäß ausgeführt:
Es zieht in dem Reihenendhaus und es ist innen kälter als vorher. Die Ursache liegt - nach
Meinung des Eigentümers - in der lückenhaften Luftdichtigkeit der sanierten
Außenbauteile.
Ein eingeschalteter Gutachter hat dies auch bestätigt. Bei dem
Besichtigungstermin stellte er auch fest, dass es keine Trennung zum
Nachbardach gibt. Er behauptet allerdings, dass dies nicht notwendig sei,
weil die darunter liegende Holzdecke (auf der früher die Asbest-Schindeln lagen)
über alle Häuser hinweg geht. Seiner Meinung nach sei es nicht Aufgabe des Dachdeckers, sich
darüber zu informieren.
Von Seiten der Innungskammer erfuhr der betroffene Eigentümer jedoch,
dass der Dachdecker sehr wohl dafür verantwortlich sei, dass er die
Energieeinsparverordnung (EnEV) einhält und dass sein Betrieb alles dafür Notwendige auch ausführt. Er hätte demnach bereits vor dem Beginn der Dämmarbeiten auch den Istzustand des Daches begutachten und sich nach den Örtlichkeiten richten
müssen.
Frage: Wer ist für die Einhaltung der geltenden Normen der
Energieeinsparung verantwortlich und was muss er dafür tun?
Antwort
vom 19.10.2015 von Rechtsanwalt Dominik Krause, Krause & Vogt -
Rechtsanwälte, Bremen, www.kravo.de
1. Muss der
Handwerker die EnEV einhalten?
Ausgangslage: Es wird unterstellt, dass der Dachdecker
(Handwerker) mit Maßnahmen beauftragt wurde, die überhaupt den
Anforderungen der EnEV 2014 unterliegen.
Anforderungen der EnEV 2014: Welche Anforderungen die Verordnung
stellt,
regelt insbesondere die
Anlage 3 (zu den §§ 8 und 9) zur EnEV 2014 (Anforderungen bei
Änderung von Außenbauteilen).
Hierin ist beispielsweise auch festgelegt, dass die betroffenen
Außenbauteile
die Anforderungen nach
Tabelle 1 (Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten bei
erstmaligem Einbau, Ersatz und Erneuerung von Bauteilen) Zeile 4a
(Dachflächen einschließlich Dachgauben, Wände gegen unbeheizten
Dachraum (einschließlich Abseitenwänden), oberste Geschossdecken) der Anlage 3 zur EnEV 2014 einzuhalten haben,
soweit bei beheizten oder gekühlten Räumen Dachflächen, die gegen
die Außenluft abgrenzen, ersetzt oder erstmals eingebaut werden,
vgl.
Ziffer 4. (Dachflächen sowie Decken und Wände gegen unbeheizte
Dachräume) Satz 1 der Anlage 3 (zu den §§ 8 und 9) zur EnEV 2014.
Soweit die EnEV 2014 von einer baulichen Maßnahme berührt wird
und deren Anforderungen einzuhalten sind, stellt sich die Frage
der Verantwortlichkeit.
Wer
ist verantwortlich nach EnEV 2014?
Seit der
Novellierung der
EnEV im Jahr 2009 ist nicht mehr nur der Bauherr
der maßgebliche Verantwortliche, sondern im Rahmen seines jeweiligen
Wirkungskreises auch derjenige, der im Auftrag des Bauherrn bei der
Errichtung oder Änderung von Gebäuden tätig wird, vgl.
§ 26
(Verantwortliche) Abs. 2 EnEV 2014. Handwerker und andere
Unternehmer, die entsprechende Leistungen ausführen, sind zudem seit
der EnEV 2009 verpflichtet, in einer so genannten Unternehmererklärung nach
Abschluss ihrer Arbeiten zu bestätigen, dass die von erbrachten
Leistungen den Anforderungen der EnEV entsprechen, vgl.
§ 26a (Private Nachweise) Abs. 1 EnEV 2014.
Die EnEV 2014 bestimmt also bereits die Verantwortlichkeit (auch)
des Handwerkers. Sinn dieser Änderungen im Jahr 2009 war explizit,
den Vollzug der EnEV zu stärken und die Durchsetzung der
Anforderungen zu erleichtern, wie in der Begründung zur
EnEV 2009 in Bundesrats-Drucksache 569/08, Seite 98 nachzulesen
ist.
Nach der EnEV ist also nicht nur der Bauherr verantwortlich, sondern
daneben auch der Handwerker.
Die Antwort der Innungskammer ist daher grundsätzlich richtig.
Welches Bußgeld droht bei Verstößen?
Sowohl für den Auftraggeber, als auch für den Handwerker stellt ein Verstoß gegen die
Anforderungen der EnEV 2014 zudem eine Ordnungswidrigkeit dar,
vgl. § 27 (Ordnungswidrigkeiten) Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 EnEV
2014. Wer die Änderungen an der Außenhülle eines
Bestands-Gebäudes gemäß
EnEV 2014 § 9 Abs. 1, Satz 1 vorsätzlich oder leichtfertig nicht
wie gefordert ausführt, riskiert gemäß Energieeinsparungsgesetz
EnEG 2013 § 8 (Bußgeldvorschriften) Abs. 1, Nr. 1 bis zu 50.000
Euro Bußgeld.
2. Wer haftet
für die Sanierungs-Fehler?
Was
hat der Eigentümer mit dem Handwerker vereinbart?
In dem
geschilderten Sachverhalt muss gleichwohl nicht zwangsläufig auch
eine zivilrechtliche Haftung des Handwerkers gegeben sein. Aus
diesem Grunde muss auch die Antwort des Gutachters nicht zwingend
falsch sein.
Denn für die Frage, was der Handwerker für eine Leistung schuldete,
kommt es in rechtlicher Hinsicht entscheidend darauf an, was
vertraglich vereinbart war und worin genau die Ursache des Mangels,
also der Zuglufterscheinung etc., liegt.
Was muss der Handwerker leisten?
Grundsätzlich muss der Handwerker alles Erforderliche tun, um ein
technisch einwandfreies Werk abzuliefern. Hierzu gehört - auch ohne
eine besondere Vereinbarung - zunächst die Einhaltung des aktuellen
technischen Standards, also der so genannten allgemein anerkannten
Regeln der Technik. Darüber hinaus schuldet der Handwerker - auch
ohne besondere Vereinbarung - die Einhaltung bestehender
öffentlich-rechtlicher Anforderungen an eine Baumaßnahme. Hierzu
gehört auch die Erfüllung der
Anforderungen der EnEV
2014.
Der Handwerker wäre also grundsätzlich haftbar zu machen, wenn
seine Leistungen der EnEV 2014 nicht entsprechen. Dies betrifft
zunächst einmal die Leistungen, die er tatsächlich ausgeführt
hat.
Hat
der Handwerker die Bedenkenhinweispflicht verletzt?
Selbst
wenn die Mangelfolgen (Zugluft usw.) nicht mit den eigenen
Leistungen des Handwerkers zusammenhängen, weil sie durch ein
Bauteil verursacht werden, dass der Handwerker (gar) nicht angerührt
hat und auch nicht anrühren sollte, muss das nicht bedeuten, dass
die Leistung mangelfrei ist. Denn der Handwerker hat eine
so genannte Bedenkenhinweispflicht.
Kann er vor oder während der
Ausführung seiner Leistung bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen,
dass die beabsichtigten Baumaßnahmen zu nachteiligen Folgen führen,
ist er nach der Rechtsprechung grundsätzlich dazu verpflichtet, auf
diese Bedenken hinzuweisen und den Bauherrn über mögliche Folgen
aufzuklären. Der Bauherr muss die Chance haben, sich dann ggf. trotz
dieser Bedenken für die Fortsetzung der Arbeiten zu entscheiden.
Ob der
Handwerker in jenem Fall tatsächlich diese Bedenkenhinweispflicht
verletzt hat. lässt sich allein anhand der vorliegenden Angaben
nicht beurteilen. Die Rechtsprechung ist allerdings relativ streng,
was die Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht betrifft.
Dass den
Handwerker daher keine Verantwortung trifft, wie der Gutachter zu
meinen scheint, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nach den
vorliegenden Informationen eher unwahrscheinlich.
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