1. Ausgangslage
Die EnEV unterteilt die
vielfältigen möglichen Nutzungsarten von Nichtwohngebäuden für
Zwecke der Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs in
unterschiedliche Nutzungen (DIN V 18599-10: 2011-12 Tabelle 5).
Diesen Nutzungen werden jeweils gemeinsame (Tabelle 6 und 7) und
spezielle (Tabelle 5) Nutzungsrandbedingungen zugeordnet. Im
Folgenden werden die Nutzungen auch als "Katalognutzungen"
bezeichnet.
Wird der
Jahres-Primärenergiebedarf eines konkreten Nichtwohngebäudes
berechnet, ist das Gebäude einer oder gegebenenfalls - im Rahmen
der Zonierung - mehreren der Nutzungen zuzuordnen. Die jeweils
der Nutzung zugeordneten Nutzungsrandbedingungen dürfen vom
Anwender im Einzelfall grundsätzlich nicht abgewandelt werden.
Dies ergibt sich aus der Bestimmung in
Anlage 2 Nr. 2.1.2 Satz 1 EnEV 2014.
Diese Vorgabe des
Verordnungsgebers verdrängt die Öffnungsklausel zugunsten
individueller Nutzungsrandbedingungen im technischen Regelwerk
(siehe DIN V 18599-10 Abschnitt 6, erster Absatz sowie
Überschriften zu den Tabellen 5 bis 7 "Richtwerte...").
2. Abweichende Nutzungen und
Nutzungsrandbedingungen
Es sind Gebäudenutzungen denkbar,
die entweder keiner typisierten Nutzung zugeordnet werden können
oder die zwar einer bestimmten Nutzung zuzuordnen sind, deren
konkrete "Betriebsbedingungen" aber von den typisierten
Nutzungsrandbedingungen der oben genannten Tabellen abweichen.
Hier sind folgende
Grundsätze zu beachten:
A) Abweichende Nutzungen
Für den Fall einer von Tabelle 5
abweichenden Nutzung lässt
Anlage 2 Nr. 2.2.2 EnEV 2014 zwei alternative
Vorgehensweisen zu:
"Für Nutzungen, die nicht in DIN V
18599-10: 2011-12 aufgeführt sind, kann
-
die Nutzung 17 der Tabelle 5
in DIN V 18599-10: 2011-12 verwendet werden oder
-
eine Nutzung auf der Grundlage
der DIN V 18599-10: 2011-12 unter Anwendung gesicherten
allgemeinen Wissensstandes individuell bestimmt und
verwendet werden.
In Fällen des Buchstabens b) sind
die gewählten Angaben zu begründen und den Berechnungen
beizufügen. Steht bei der Errichtung eines Nichtwohngebäudes die
Nutzung einer Zone noch nicht fest, ist hierfür gemäß Buchstabe
a) zu verfahren."
Buchstabe a) beschränkt sich nach
seinem Wortlaut auf eine abweichende Nutzung. Ein Recht zur
Abwandlung der typisierten Nutzungsrandbedingungen für die
Nutzung 17 sieht die Bestimmung nicht vor. Wer diese Alternative
anwendet, muss die dort vorgegebenen Nutzungsrandbedingungen
verwenden.
Die durch Buchstabe b) eröffnete
Möglichkeit, eine individuelle Nutzung zu entwerfen, schließt
grundsätzlich auch die Entwicklung individueller
Nutzungsrandbedingungen ein. Buchstabe b) ist nicht anwendbar,
wenn die konkrete Nutzung einer der Nutzungen der Tabelle 5
zugeordnet werden kann (und damit auch muss).
B) Abweichende
Nutzungsrandbedingungen
Im Zusammenhang mit einer
Katalognutzung kann der EnEV 2014 keine Erlaubnis zur Verwendung
spezieller Nutzungsrandbedingungen, die von den typisierten
Nutzungsrandbedingungen der genannten technischen Regel
abweichen, entnommen werden. (Ausnahme: Für die Nutzungen 6 und
7 (Einzelhandel/Kaufhaus) darf die im Einzelfall tatsächlich
auszuführende Beleuchtungsstärke in den Berechnungen angesetzt
werden – vgl.
Anlage 2 Nr. 2.1.3 EnEV 2014)
Eine individuelle Abwandlung von
Nutzungsrandbedingungen für eine Katalognutzung ist damit
grundsätzlich unzulässig. Die Öffnungsregelung in Fußnote a zu
Tabelle 5 der DIN V 18599-10: 2011-12, wonach – soweit dies auf
Grund des Nutzungskonzepts eines Gebäudes sinnvoll ist – die
Nutzungs- und Betriebszeiten übergeordneter Nutzungen dieses
Gebäudes für untergeordnete Nutzungen übernommen werden können,
bleibt unberührt.
3. Vorgehen in Fällen einer
abweichenden Nutzung
Bei Anwendung des Buchstaben b)
der
Anlage 2 Nr. 2.2.2 EnEV 2014 (oben Nr. 2A) gilt Folgendes:
Die Angaben für
Nutzungsrandbedingungen in Tabelle 5 der DIN V 18599-10:2011-12
beruhen auf den jeweils zugehörigen Nutzungsprofilen in Anhang A
dieses Normteils. Die Herleitung der Angaben in Tabelle 5 kann
damit transparent nachvollzogen werden. Soll bei einer
Berechnung eine individuelle Nutzung zugrunde gelegt werden, ist
diese analog dazu herzuleiten.
Ein Beispiel zur Erläuterung der
Methode enthält DIN V 18599-10: 2011-12 Anhang D. Es ist vor
allem zu beachten, dass es sich bei den einzelnen
Randbedingungen nicht um die aus anderen technischen Regeln
bekannten Grundlagen für die Bemessung der verwendeten
Anlagentechnik (beispielsweise Heiz- oder Kühllasten), sondern
um jeweils mittlere, bei der Nutzung regelmäßig zu erwartende
Betriebsbedingungen handelt.